Rechtliches Risiko einer Ablehung zu hoch
Zur Genese:
Das Areal des heutigen Café Rheinanlagen stand bis zum Jahr 1989 im Eigentum der Stadt
Koblenz. Historisch vorausgegangen war dem eine Schenkung der Kaiserin Augusta an die Stadt Koblenz mit dem Ziel, dass das Areal dauerhaft den Koblenzern zur Naherholung zur Verfügung steht. Im November 2006 erfolgte der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 126 „Café Rheinanlagen“. Im Juli 2007 wurde dann die erste Veränderungssperre beschlossen, welche im Juni 2009 um ein Jahr bis zum Juli 2010 verlängert wurde. Nachdem der damalige Eigentümer des Café Rheinanlagen seine Zustimmung zum städtebaulichen Vertrag verweigerte, wurde der Bebauungsplan Nr. 126 zunächst nicht beschlossen. In der Sitzung des Stadtrates vom 01. Juli 2010 wurde stattdessen die Veränderungssperre vom 11. Juli 2007 letztmalig bis zum 10. Juli 2011 verlängert.
Da in der Zwischenzeit mit dem Eigentümer des Café Rheinanlagen weiterhin keine Einigung erzielt werden konnte, hat die BIZ-Fraktion in der Stadtratssitzung vom 16. September 2010 beantragt, den in der Aufstellung befindlichen Bebauungsplan Nr. 126 „Café Rheinanlagen und angrenzende Bereiche“ dahingehend zu ändern, dass die maximal zulässige Gebäudehöhe (§ 9 Abs. 3 BauGB) mit lediglich bis zu zwei Geschossen festgesetzt wird. Dies war deshalb notwendig, da mit Ablauf der dritten Veränderungssperre (10. Juli 2011) eine Bauleitplanung nicht mehr möglich gewesen wäre.
Im Dezember 2011 veräußerte der bisherige Eigentümer das Areal an den neuen Investor. Noch vor Ablauf der Bestandskraft des Bebauungsplans Nr. 126 hat der neue Eigentümer des Café Rheinanlagen beim Oberverwaltungsgericht Koblenz (OVG) Normenkontrollklage eingereicht.
Dies vorangestellt ergeben sich für die heute zu treffende Entscheidung folgende künftige Szenarien:
Zum Status quo:
1. Variante: Ablehnung der Beschlussvorlage
Dies hätte, je nach Ausgang des Normenkontrollverfahrens, wiederum zwei Möglichkeiten zur Folge:
Möglichkeit A:
Für den Fall, dass Herr Tayhus obsiegen sollte, wäre der Bebauungsplan Nr. 126 unwirksam und damit unbeachtlich für ein etwaiges Baugenehmigungsverfahren. Die Möglichkeit, eine Veränderungssperre zu beschließen, besteht nicht mehr. Folge wäre, dass ein etwaiges Baugenehmigungsverfahren sich ausschließlich nach § 34 BauGB orientiert. Danach bestünde die Gefahr, dass der Bauherr sich bei Art und Maß der baulichen Nutzung an dem Hotelgebäude „Kleiner Riesen“ orientieren könnte. Ein derartiges Bauvorhaben wäre vermutlich zulässig.
Möglichkeit B:
Für den Fall, dass Herr Tayhus verlieren sollte, wäre der Bebauungsplan Nr. 126 wirksam und damit beachtlich für ein etwaiges Bauvorhaben. Der Bebauungsplan Nr. 126 hat die Errichtung von Wohngebäuden zum Ziel. Angesichts der bestehenden immissionsschutzrechtlichen Lage bestünde nach Errichtung und Bezug der Wohngebäude die Gefahr, dass der Betrieb der Konzertmuschel und des Biergartens mit dem Recht der Anwohner auf Ruhe kollidiert. Da sich der Bebauungsplan Nr. 126 in einem Mischgebiet befindet, wäre auch nach Realisierung des Bauvorhabens ein Antrag auf Nutzungsänderung von Wohnnutzung zu Hotelbetrieb mit hoher Wahrscheinlichkeit genehmigungsfähig.
2. Variante: Zustimmung zur Beschlussvorlage
Mit der Zustimmung zu der Beschlussvorlage würde zumindest zwischen dem Eigentümer und der Stadt Koblenz Einigkeit über die künftige Planung des Areals herbeigeführt und die Ungewissheit über die Zukunft dieses Areals beendet. Über den städtebaulichen Vertrag hätte die Stadt Koblenz die Möglichkeit, Einfluss auf die tatsächliche Ausgestaltung und die künftige Nutzung des Bauvorhabens (Konzertmuschel/Cafebetrieb/Biergartenverträglichkeit) zu erhalten.
Ich komme zur Würdigung:
Für die BIZ steht das Ansinnen der Kaiserin Augusta, den Koblenzer Bürgerinnen und Bürgern mit dem Café Rheinanlagen einen Ort der Begegnung und Erholung zu gewährleisten, im Mittelpunkt der Betrachtung.
Städtebauliches Ziel muss es sein, sowohl einen Café/Restaurantbetrieb als auch einen Biergarten an dieser Stelle halten zu können. Die Wiederbelebung und Reaktivierung der Konzertmuschel ist zudem im städtebaulichen Interesse der BIZ. Der Betrieb eines Hotels steht für die BIZ insofern nicht zwingend im Widerspruch mit diesen städtebaulichen Zielen.
Festzustellen ist, dass sich die Stadt Koblenz im Jahre 1989 freiwillig der Gestaltungsmöglichkeiten beraubte. Die Fehler waren:
- Veräußerung des Grundstücks;
- Keine Bauleitplanung vor Veräußerung;
- Keine grundbuchrechtliche Absicherung etwaiger,
vertraglicher Ansprüche.
Gemäß § 1, Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
Dies bedeutet konkret, dass das öffentliche Interesse sowohl an der Nutzung des Areals als auch an dem Maß der Baukörper in Einklang mit den wirtschaftlichen Interessen des Eigentümers zu bringen ist.
Angesichts der rechtlichen Situation erscheint es uns unverantwortlich, die weitere Zukunft dieses bedeutsamen Areals dem Zufall zu überlassen. Sollte sich das Verwaltungsgericht gegen die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans 126 und für den Kläger entscheiden, würde für die Stadt Koblenz, die Besucher der Rheinanlagen und letztendlich auch für die dortigen Anlieger das schlechteste aller denkbaren Szenarien eintreten, nämlich ein Bauverfahren nach § 34 BauGB. Für den Fall, dass die Stadt Koblenz obsiegen sollte, dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit die Zukunft der Konzertmuschel und des Biergartens gefährdet sein. Für die BIZ ist aber das städtebauliche Ziel, sowohl einen Café/Restaurantbetrieb als auch einen Biergarten an dieser Stelle halten und die Konzertmuschel reaktivieren und wiederbeleben zu können, von hohem Stellenwert. Wir sind nicht bereit die Verwirklichung dieser nunmehr greifbaren Ziele zu riskieren. Die künftige Planung bietet zudem den Vorteil, dass die Besucher der Rheinanlagen eine öffentliche Toilette ansteuern können, die auf Kosten des Investors errichtet und betrieben wird. Die Vorteile der angestrebten Planung überwiegen aus unserer Sicht daher die Nachteile. Die BIZ wird der Verwaltungsvorlage daher zustimmen.
Lesen Sie dazu auch den RZ-Artikel vom 31.01.2014 unter dem Link: