Nach „Kölner Messeskandal“ hakt die Fraktion erneut bei der Stadt nach
Wie schnell Entscheidungen auf europäischer Ebene auch einen Stadtrat beschäftigen können, erleben die Kölner derzeit in höchst unwillkommener Form. Der umstrittene Bau der Messehallen könnte die Stadt nach einer Gerichtsentscheidung viele Millionen Euro kosten. Droht Koblenz Ähnliches beim Zentralplatz? Die Bürgerinitiative „Zukunft für Koblenz“ befürchtet das – und fordert Konsequenzen.
KOBLENZ. Die Stadt Koblenz sieht keine Relevanz der Vorgänge rund um den Bau der Kölner Messe für die Planungen des Forums Mittelrhein auf dem Zentralplatz. Man stehe nicht in Kontakt zur dortigen Verwaltung und sehe keine Auswirkungen der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auf das laufende Projekt in Koblenz. Das betont das Amt für Wirtschaftsförderung auf Nachfrage der Bürgerinitiative „Zukunft für Koblenz“ (BIZ).
Parallelen zu Koblenz?
Der Europäische Gerichtshof hat kürzlich entschieden, dass die Stadt Köln den Bauauftrag für die Messehallen hätte ausschreiben müssen – und dass eine entsprechende gerichtliche Überprüfung nicht daran scheitere, dass der Bau bereits abgeschlossen sei. Für die BIZ war dieses Urteil Anlass für eine Nachfrage bei der Stadt. Immerhin liegt der Europäischen Kommission eine Beschwerde vor, in der die fehlende Ausschreibung beim Koblenzer Millionen–Projekt gerügt wird. Diese wurde verbunden mit anderen Verfahren, zu denen es 2010 eine Grundsatzentscheidung des EuGH geben soll.
Ziel der jetzigen Anfrage der BIZ: „Wir hatten gehofft, dass die Verwaltung aufhorcht“, so der Vorsitzende und Fraktionsvize Stephan Wefelscheid. Gehofft, dass sich das Rechtsamt mit möglichen Folgen beschäftigen würde, wenn die Stadt trotz des anhängigen Verfahrens bei der eingeschlagenen Linie bleibe. Die Antwort der Verwaltung aber habe für ihn gezeigt, dass man sich damit gar nicht beschäftigen wolle. Die Stadt habe etwa behauptet, die Entscheidungsgründe des EuGH hätten noch nicht vorgelegen – obwohl sie bereits im Internet abrufbar gewesen seien, so Wefelscheid.
Die Wirtschaftsförderung führt aus, dass der Fall Köln auf Koblenz nicht übertragbar sei. An der rechtlichen Einschätzung habe sich nichts geändert: Ja, es handele sich um ein Projekt, bei dem grundsätzlich eine Ausschreibung hätte erfolgen müssen. Aber: Die Konstellation sei eine Ausnahme von der Regel, da das Hertie–Haus im Eigentum der Strabag steht – und diese auch noch ein Erbbaurecht an der Tiefgarage hat. Das Projekt könne die Stadt daher nur mit diesem Investor realisieren. Und daher, so die Verwaltung, sei eine freihändige Vergabe in Ordnung gewesen. Diese Einschätzung sei im Übrigen auch vom zuständigen Dezernat im Landeswirtschaftsministerium bestätigt worden.
Die BIZ räumt durchaus ein, dass der Fall Köln und der Fall Koblenz Unterschiede aufweisen. Aber, so Stephan Wefelscheid, das Urteil gebe einen wichtigen Warnhinweis: Das Schaffen von Fakten führe zu keiner Veränderung der Rechtslage. Die Stadt dürfe nicht darauf vertrauen, dass sie trotz des schwebenden Verfahrens einfach bauen und darauf hoffen kann, dass sie das nicht wieder einholen wird.
Die Fraktion sieht ein großes Haftungsrisiko, wenn man jetzt nach der Devise „Augen zu und durch“ handele. Wefelscheid: „Das baurechtliche Genehmigungsverfahren müsste bis zu einer Entscheidung des EuGH ausgesetzt werden.“ Die BIZ hat jetzt das Kölner Urteil samt Entscheidungsgründen an Oberbürgermeister Dr. Eberhard Schulte–Wissermann geschickt – und um eine erneute Beantwortung ihrer Anfrage gebeten.
(Artikel Rhein-Zeitung, Loktalteil Koblenz, Ausgabe Mo 30.11.2009)