Politik Die beiden größten Fraktionen haben sich Posten im Stadtvorstand aufgeteilt – Wefelscheid kandidiert nun selbst als Baudezernent
Von unserer Redakteurin
Stephanie Mersmann
Koblenz. Zum zweiten Mal soll in der nächsten Woche eine Wahl im Stadtrat stattfinden, die eigentlich keine ist: Das Gremium soll bestimmen, wer der nächste Baudezernent und Mitglied des vierköpfigen Stadtvorstands wird – CDU und SPD haben aber im Vorfeld längst abgesprochen, wie die Wahl ausgehen wird. Dagegen regt sich nun Widerstand.
Stephan Wefelscheid, Vorsitzender und Fraktionsvize der BIZ, wird sich in der nächsten Woche ebenfalls zur Wahl stellen. Dass er keine Chancen gegen den Kandidaten der CDU hat, wirklich Baudezernent zu werden, ist ihm klar – „aber das ist eine politische Demonstration“. Seiner Meinung nach verkommt der Stadtrat zum reinen Vollzugsorgan, wenn er lediglich Entscheidungen abnicken kann, die längst an anderer Stelle getroffen wurden.
Im konkreten Fall haben CDU und SPD, die beiden größten Fraktionen im Rat, gar nicht damit hinter dem Berg gehalten, dass sie sich die beiden Dezernate im Stadtvorstand – das Kultur- und das Baudezernat – aufgeteilt haben. Der Deal: Die SPD stellt den Kulturdezernenten und erhält dafür auch die Stimmen der CDU, die Christdemokraten dafür den Baudezernenten, den die SPD mitträgt. Zusammen haben die beiden Fraktionen die absolute Mehrheit.
Im November 2015 hatte der Rat auf diese Weise schon Margit Theis-Scholz zur neuen Kulturdezernentin gewählt, in der Ratssitzung am nächsten Donnerstag soll das Gremium nun den bisherigen Leiter des Haupt- und Personalamts, Bert Flöck, zum Baudezernenten küren. Die CDU hatte Flöck in dieser Woche offiziell nominiert (die RZ berichtete).
Wefelscheid ist überzeugt: Dieser ganze Vorgang „ist des Rats unwürdig“. Die Ratsmitglieder seien nicht dazu da, Entscheidungen bloß durchzuwinken, sondern „ihr Amt nach freier, nur durch die Rücksicht auf das Gemeinwohl bestimmter Gewissensüberzeugung auszuüben“, wie es die Gemeindeordnung vorsieht. Eigentlich habe er selbst nicht geplant, sich auf die Stelle des Baudezernenten zu bewerben, und ihm ist klar: „Ich habe so gut wie keine Chance, gewählt zu werden – zumindest nicht, wenn die Ratsmitglieder von CDU und SPD sich an die Absprachen ihrer Fraktionsspitzen halten.“ Aber nun will er den Ratsmitgliedern die Möglichkeit geben, in geheimer Wahl selbst eine Entscheidung zu treffen.
Bei den vergangenen Wahlen habe keiner der alternativen Bewerber mehr Interesse daran gehabt, sich im Stadtrat überhaupt einer Wahl zu stellen, wenn CDU und SPD sich bereits auf einen Kandidaten festgelegt hatten. Nun soll es aber zu einer echten Wahl kommen, und die BIZ unterstützt deshalb Wefelscheids Bewerbung, heißt es in einer Stellungnahme der Gruppierung. Die formalen Anforderungen, die an die Stelle geknüpft sind, würde der Jurist erfüllen, der seit sieben Jahren im Stadtrat sitzt.
Schon im Kommunalwahlkampf 2014 unterstellte die BIZ, dass CDU und SPD eine Art Große Koalition im Stadtrat bilden könnten, und plakatierte: „Groko bändigen, BIZ wählen.“ Anders als in anderen Städten schlossen die beiden größten Fraktionen dann aber keinen Koalitionsvertrag, in dem stadtpolitische Vorstellungen über umzusetzende Vorhaben und Projekte niedergeschrieben worden wären, so Wefelscheid. „Offenkundig zielte das Bündnis aus CDU und SPD nur darauf ab, sich wechselseitig Posten im Stadtvorstand zu sichern, ohne dass damit inhaltliche Forderungen einhergingen.“
Die BIZ bezweifelt außerdem, dass Bert Flöck der richtige Mann fürs Baudezernat ist. Als Leiter des Haupt- und Personalamts verantwortet er den Personalabbau in der Verwaltung, der dazu beitragen soll, die Finanzlage der Stadt zu verbessern. „Der Oberbürgermeister betonte immer wieder, wie froh wir als Stadt sein können, dass Bert Flöck das Amt leitet, was wir als BIZ-Fraktion übrigens genauso sehen“, so Fraktionschefin Angela Keul-Göbel. „Insofern verwundert es doch sehr, dass die CDU in dieser für die finanzielle Entwicklung der Stadt schwierigen Situation bereit ist, einen so erfahrenen Amtsleiter im Haupt- und Personalamt abzuziehen.“ Stattdessen sollte man im Baudezernat auf Fachleute wie Frank Hastenteufel, Leiter des Amts für Bauordnung und Stadtplanung, setzen. Dieser hatte auch Interesse an der Stelle des Baudezernenten bekundet, und die BIZ hätte seine Kandidatur unterstützt, schreibt sie. Der Nominierung von Bert Flöck hätte zudem eine Diskussion über inhaltliche Fragen vorausgehen müssen, was man im Baudezernat überhaupt erreichen will – die es aber nicht gab, so die BIZ.